Die Vendée Globe 2020 auf Kurs zu einer außergewöhnlichen Edition

Am Donnerstag (17. September) hat im Pariser Palais Brongniart die offizielle Pressekonferenz zur Vendée Globe stattgefunden. Das Treffen hat 52 Tage vor dem Start der Einhand-Nonstop-Weltumseglung am 8. November in Les Sables-d’Olonne so viele Segler, Partner, Organisatoren und Journalisten zusammengebracht, wie es aus Sicherheitsgründen möglich war. Der Pariser Vorab-Gipfel markiert ein wichtiges Etappenziel dieser in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Edition des bekanntesten Einhandrennens um die Erde, bei dem die Akteure ohne Hilfe von außen auf sich gestellt sind.

Als Sportbühne konkurrenzlos gut

Die neunte Auflage der Vendée Globe wird das wichtigste französische und auch internationale Sportereignis im Winter 2020/2021 sein. Seit seiner Premiere im Jahr 1989 hat das Rennen noch nie ein so großes und diverses Feld zusammengebracht: 33 Segler und Seglerinnen werden am 8. November an der Startlinie aufkreuzen. Man muss bis zur Auflage 2008/2009 und den damals 30 Startern zurückblicken, um einem solchen Feld zumindest nahe zu kommen. In diesem Jahr sind unter den Teilnehmern zehn Nicht-Franzosen und sechs Skipperinnen. Das sportliche Niveau der Teilnehmer ist extrem hoch. Zwei Segler, die bei der letzten Edition aufs Podium segelten und jetzt wieder dabei sind, verkörpern diese hochkarätige Besetzung: Der zuletzt zweitplatzierte Brite Alex Thomson hat seine fünfte Teilnahme im Visier, der bei der achten Auflage drittplatzierte Franzose Jérémie Beyou die vierte. Diese beiden erfahrenen Virtuosen werden von einer Flotte ehrgeiziger Konkurrenten herausgefordert, von denen die meisten nie zuvor an dem Rennen teilgenommen haben.

Alte Meister und junge Ozean-Stürmer

Die Herausforderungen der Solo-Weltumseglung nehmen 18 Teilnehmer erstmals an – auch das ist ein Rekord. Sie alle haben sich bereits mit bemerkenswerten Erfolgen auf anderen Feldern und in anderen Wettbewerben den notwendigen Schliff erworben und dabei mit bemerkenswerten Erfolgen hervorgetan. Zu diesen Vendée-Globe-Novizen zählen Ausnahme-Segler wie der mehrfache Paralympics-Gewinner Damien Seguin, Weltrekordler und Ocean-Race-Sieger Kévin Escoffier, die Solitaire-du-Figaro-Gewinner Nicolas Troussel und Sébastien Simon, Transat-Jacques-Vabre-Sieger Charlie Dalin oder Rhoute-du-Rhum-Dominator Armel Tripon. Und natürlich der in Hamburg lebende Boris Herrmann, der das Rennen auf seiner Imoca-Yacht „Seaexplorer – Yacht Club de Monaco“ als historisch erster Solist unter deutscher Flagge bestreiten und dazu betragen wird, die Vendée Globe in seinem Heimatland noch bekannter zu machen.

Ein Großaufgebot starker Frauen

Bei der vorangegangenen Auflage fehlten sie ganz, doch jetzt sind sie in voller Stärke zurück und sorgen für einen weiteren, weiblichen Rekord in der Geschichte der Vendée Globe: Sechs Seglerinnen werden am 8. November an der Startlinie aufkreuzen. Bislang konnte dieses Verhältnis noch bei keiner Auflage erreicht werden. Der durchschnittliche Anteil von Skipperinnen lag bislang bei zwei pro Auflage. So wie 2004 mit Anne Liardet und Karen Leibovici und 2008 mit Sam Davies und Dee Caffari. Die Pionierinnen kamen einst bei der dritten Vendée Globe 1996/1997 in Fahrt. Damals waren es Catherine Chabaud, die das Rennen um die Welt als erste Frau absolvierte, und Isabelle Autissier. Von den sieben Frauen, die einen Vendée-Globe-Start realisieren konnten, haben zwei dem Rennen ihren Stempel aufgedrückt. Die Britin Ellen MacArthur segelte nach der Jahrtausendwende 2000/2001 auf Platz zwei. Ihre Landsfrau Sam Davies erkämpfte 2008/2009 Platz vier. Sam feiert bei dieser Auflage ihr Comeback, geht ihre dritte Teilnahme mit starken Ambitionen, viel Erfahrung und großem Potenzial an. Die englische Seglerin gehört zu jener Gruppe qualitativ auf hohem Niveau operierender Skipperinnen, die ihr Können und ihre Hartnäckigkeit bereits unter Beweis gestellt haben. Dazu zählen auch die Deutsch-Französin Isabell Joschke, Clarisse Cremer und Alexia Barrier (beide Frankreich) sowie Pip Hare und Miranda Merron (beide Großbritannien).

Ein außergewöhnlicher Mix aus Sport und Abenteuer

Für einen Vendée-Globe-Sieg müssen viele Kriterien erfüllt werden. Gefordert sind: ein strukturiertes Projekt, ein schnelles und zuverlässiges Boot, Talent und Fortune. Einige der Athleten haben ihren Bogen mit allen diesen Saiten bespannt und demonstrieren ihren Anspruch deutlich. Das rein sportliche Ergebnis macht aber nicht alleine die Motivation der Segler aus. Es gibt auch solche, die vor ihrer ersten Erfahrung und erst am Anfang ihres großen Lebenstraums stehen. Die Vendée Globe ist ein weltweit einzigartiges Ereignis, bei dem sich Wettbewerb und Abenteuer die Hand reichen und bei dem alle Segler, die sich den Elementen stellen, durch ein gemeinsames Schicksal vereint werden. Es geht darum, an die eigenen Grenzen und manchmal auch darüber zu gehen, sich selbst immer wieder neu zu fordern und zu motivieren. Und es geht um die damit verbundenen extremen Emotionen. Die Teilnehmer sind über den gleichen Wunsch miteinander verbunden, die riesige Schleife um die Welt über 21.638 Seemeilen (40.075 Kilometer) in 70 bis 100 Tagen im Alleingang auf See zu absolvieren.

Zehn Nicht-Franzosen, zwei Doppel-Nationalitäten, neun Länder

In internationale Anziehungskraft der Vendée Globe ist in den vergangenen Jahren weitergewachsen. In diesem Jahr machen zehn Segler aus anderen Ländern als der Gastnation Frankreich fast 30 Prozent der Flotte aus. Die Starter kommen aus Großbritannien, der Schweiz, Deutschland, Spanien, Italien, Finnland, Australien und Japan. Und tatsächlich zählt auch einer von ihnen zu den Vorstart-Favoriten: Der Brite Alex Thomson stand bereits zweimal auf dem Vendée-Globe-Podium. Als Dritter der Auflage 2013 und Zweiter der Auflage 2016/2017 ist er der erfahrenste und auch der erfolgreichste Starter dieser Auflage.

Von 27 bis 61 Jahren

Die Altersspanne reicht vom jüngsten Konkurrenten Alex Roura (27) aus der Schweiz, der vor seinem zweiten Vendée-Globe-Start steht, bis hin zum populären Veteranen Jean Le Cam („YES, WE CAM!“), der die Herausforderung im Alter von 61 Jahren zum fünften Mal annimmt. Die große Bandbreite reflektiert die Attraktivität der Disziplin Solosegeln, deren Beliebtheitsgrad beständig weiterwächst. In einem so fordernden Meeres-Marathon wie diesem sind es Ausdauer und Erfahrung, die den Unterschied machen. Am Start sind deshalb viele Skipper in ihren Vierzigern und Fünfzigern, die beweisen, dass Segeln ein Sport fürs ganze Leben und die Vendée Globe eine einzigartige und andauernde Herausforderung sind.

Mit moderner Foiling-Technologie in großen Sprüngen voran

Die Imoca-Klasse hat den Fortschritt der Foiling-Technologie und jenen „Unterwasserflügeln“ vorangetrieben, die die Boote übers Wasser heben und den 60 Fuß großen Kohlefaserrümpfen unglaubliche Geschwindigkeiten verleihen. Die Auflage 2016/2017 hatte die technologische Wende auf dem Wasser mit entscheidenden Fortschritten in den Bereichen Foil-Schnitte, Formen und Struktur eingeleitet. In der Folge entstanden bald Boote, deren Rümpfe eigens für das Foiling gezeichnet und gebaut wurden, um sie über möglichst lang andauernde Phasen über die Wasseroberfläche fliegen zu lassen. 19 der 33 Einrumpf-Yachten sind mit diesen imposanten Anhängen ausgestattet, darunter sieben der jüngsten Generation aus dem Jahr 2020. Dadurch sind die Imoca-Yachten zu komplexeren Maschinen geworden: Ihr deutlich zugenommenes Geschwindigkeitspotenzial hat den Skippern auf der anderen Seite einen Verlust an Komfort beschert. Das ist vermutlich der Preis für den Versuch, die Rekordzeit des letzten Siegers Armel Le Cléac’h (74 Tage, 3 Stunden, 35 Minuten) zu unterbieten. Experten rechnen damit, dass es gelingen kann. Doch die Hochgeschwindigkeiten bringen neue Herausforderungen mit sich: sie machen das Leben an Bord zunehmend hart für die Männer und Frauen, die Nehmer-Qualitäten zeigen müssen, weil sie einer teilweise brutalen Geräuschkulisse dem Schlagen des Bootes in die Wellen, dem Rütteln und den ruppigen Bewegungen ihrer „fliegenden“ Maschinen standzuhalten haben.

Die Vendée Globe hat sich einem nachhaltigen Kurs verpflichtet

Ab dieser Edition verfolgt die Vendée Globe einen langfristig verantwortungsbewussten Ansatz. Neben der Veranstaltungsorganisation, die Auswirkungen auf die Umwelt auf natürliche Weise begrenzen soll, werden derzeit weitere konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Öffentlichkeit für den Schutz der Meere zu sensibilisieren. Das fängt bei den Jüngsten an, die von Lehrmitteln des Vendée-Globe-Jugendprogramms profitieren. Das Thema wird sowohl im Vendée-Globe-Heimathafen in les Sables-d’Olonne als auch in der nationalen und internationalen Kommunikation sehr präsent sein. Denn um die Ozeane schützen zu können, muss man zunächst die Grundlagen kennen! In Folge eines von den Skippern der Imoca-Klasse initiierten Ansatzes, stehen die Vendée Globe und die Zwischenstaatliche Ozeanografische Kommission (IOC) der UNESCO kurz vor der Unterzeichnung einer Vereinbarung, deren Ziel darin besteht, Daten aus Meer und Atmosphäre zu sammeln. Mehr als ein Drittel der Skipper der Flotte wird an dieser Aktion beteiligt sein und Instrumente an Bord nehmen, um Messungen durchzuführen und Messwerte zu ermitteln. Weitere Details zu diesem Programm werden noch bekanntgegeben.

Beliebtes Festival in einzigartigem Umfeld

Offshore-Solo-Rennen zählen zu den Sportarten, die am besten für die Notwendigkeit sozialer Distanz geeignet sind. Dennoch ist es in dieser schwierigen Zeit eine große Herausforderung, die Öffentlichkeit in Les Sables-d’Olonne willkommen zu heißen.
Die Vendée Globe ist gleichermaßen ein populäres wie auch ein öffentliches Event, das im Kern zur Region Vendée und den Menschen der Vendée gehört. Die Organisatoren der SAEM Vendée arbeiten seit Monaten mit allen Beteiligten der Veranstaltung und den zuständigen Behörden zusammen, um die Präsenz der Menschen in diesem Umfeld zu ermöglichen.
„La Village“, die Vendée-Globe-Herzkammer in Les Sables-d‘Olonne, wird ihre Türen am 17. Oktober öffnen. Der Zugang ist über ein System geregelt, das an die geltenden Hygienemaßnahmen angepasst wurde.

Die Eckpfeiler:

Die maximale Kapazität des Regatta-Dorfes ist auf 5000 Personen begrenzt. Dabei werden die Echtzeit-Bewegungen berücksichtigt. Die Zirkulationsrichtung für Indoor-Bereiche ist geregelt.

Der Zugang ist kostenlos, die Besucher sind allerdings verpflichtet, im Vorweg eine Reservierung vornehmen. Die Details zum Registrierungsprozess werden in Kürze veröffentlicht.

Das Tragen einer Maske ist beim Betreten des Veranstaltungsgeländes obligatorisch, ebenso der Respekt für alle Distanz-Maßnahmen und möglichen Beschränkungen.

Für die Skipper und ihre Teams wurde ein spezifisches Gesundheitsprotokoll erarbeitet, das insbesondere strenge Auflagen für die letzten sieben Tage vor dem Ablegen beinhaltet.

Ein Gesundheitsprotokoll gilt auch für die Organisatoren und akkreditierte Personen inklusive der Medien und beinhaltet die Verpflichtung, den Nachweis eines binnen 72 Stunden vor dem Eintreffen absolvierten PCR-Tests mit negativem Ergebnis vorzulegen, um Zugang zum Race Village zu erhalten. Die genauen Bestimmungen werden in Kürze veröffentlicht.

Ein agiles Organisationsteam, das ständig in Kontakt mit den zuständigen Behörden steht, um seine Aktivitäten fortlaufend an die Entwicklung der Situation anzupassen.

 

Starterliste

Fabrice AMEDEO: NEWREST – ART & FENÊTRES
Romain ATTANASIO: PURE – BEST WESTERN
Alexia BARRIER: TSE – 4MYPLANET
Yannick BESTAVEN: MAÎTRE COQ IV
Jérémie BEYOU: CHARAL
Arnaud BOISSIÈRES: LA MIE CÂLINE – ARTISANS ARTIPÔLE
Louis BURTON: BUREAU VALLÉE 2
Didac COSTA: ONE PLANET ONE OCEAN
Manuel COUSIN: GROUPE SÉTIN
Clarisse CREMER: BANQUE POPULAIRE X
Charlie DALIN: APIVIA
Samantha DAVIES: INITIATIVES-CŒUR
Sébastien DESTREMAU: MERCI
Benjamin DUTREUX: OMIA – WATER FAMILY
Kevin ESCOFFIER: PRB
Clément GIRAUD: COMPAGNIE DU LIT / JILITI
Pip HARE: MEDALLIA
Boris HERRMANN: SEA EXPLORER – YACHT CLUB DE MONACO
Ari HUUSELA: STARK
Isabelle JOSCHKE: MACSF
Jean LE CAM: YES WE CAM !
Stéphane LE DIRAISON: TIME FOR OCEANS
Miranda MERRON: CAMPAGNE DE FRANCE
Giancarlo PEDOTE: PRYSMIAN GROUP
Alan ROURA: LA FABRIQUE
Thomas RUYANT: LINKEDOUT
Damien SEGUIN: GROUPE APICIL
Kojiro SHIRAISHI: DMG MORI
Sébastien SIMON: ARKEA – PAPREC
Maxime SOREL: V AND B – MAYENNE
Alex THOMSON: HUGO BOSS
Armel TRIPON: L’OCCITANE EN PROVENCE
Nicolas TROUSSEL: CORUM L’ÉPARGNE