TW kürt Weltmeister aus drei Nationen

TW kürt Weltmeister aus drei Nationen

Der siebte Regatta-Tag der Travemünder Woche war ein Tag für Liebhaber des Flaggen-Alphabets. Es startete mit „AP“ über „H“, ging über Setzen der Flagge „S“ auf einigen Bahnen weiter und endete schließlich mit „AP“ über „A“ für die Formula 18, J/22 und Olympiajollen. Die Flaute griff einmal mehr kräftig in das Geschehen zur Travemünder Woche 2023 ein, ließ nach der Startverschiebung am Morgen zwischenzeitlich nur verkürzte Rennen, bei den Formula 18 sogar keine weitere Wettfahrt mehr für die WM zu. Gesamtwettfahrtleiter Anderl Denecke blickte dennoch zufrieden auf die vergangenen Tage, bevor die TW in ihr Abschlusswochenende startet. „Es war schwierig, die richtigen Windfenster zu finden. Aber das ist den Teams auf den Bahnen sehr gut gelungen, so dass wir absolut wertige Weltmeisterschaften hatten. Die Formula 18 konnten zum Abschluss zwar nicht mehr segeln, aber wir hatten am Donnerstag mit vier Wettfahrten schon für ein volles Programm gesorgt“, so Denecke. Mit dem Abschluss der Weltmeisterschaften bei den Formula-18-Katamaranen sowie den Junioren-Weltmeisterschaften der 49er und 49erFX wurden neue Titelträger aus Australien, Schweden und Frankreich gekürt.

Für den Schweden Emil Järudd war die WM der Formula 18 eine „schöne Extra-Regatta“. Normalerweise segelt der 25-Jährige mit seiner Partnerin Hanna Jonsson im Nacra 17 und peilt nach 2021 für das kommende Jahr seinen zweiten Start bei Olympia an. Zur Travemünder Woche nahm er Rasmus Rosengren an Bord und segelte mit olympischer Kompetenz zum Titel – trotz einer Disqualifikation im zweiten Rennen wegen einer Wegerechtsverletzung. „Wir haben schon auf eine gute Platzierung gehofft, aber der Titel übertrifft die Erwartungen. Wir sind natürlich sehr glücklich. Die Tage waren schwierig, weil man nie wusste, was der Wind macht. Deshalb war die Konstanz ein Schlüssel zum Erfolg. Und wir hatten einen hohen Bootsspeed auf dem Downwind-Kurs. Die Wettfahrtleitung hatte keinen einfachen Job, hat es aber gut gemacht“, so Järudd, der direkt nach der Travemünder Woche nach Belgien zum Training reist, um dann im August wieder mit Hanna Jonsson an Bord die Nacra17-WM in Den Haag/Niederlande zu segeln. „Die WM und später die EM sind wichtige Events für uns für die Olympia-Qualifikation.“

Vor Travemünde hatte er sich am ersten Tag der WM-Finalrunde an die Spitze des Feldes gesetzt und die Führung dann ausgebaut. Am letzten Tag wartete die Flotte vergeblich auf einen segelbaren Wind, so dass der Angriff der Verfolger ausblieb. Mit Gavin Colby/Kai Colman und Brett Burvill/Max Puttman auf den Rängen zwei und drei folgte Australien im Doppelpack. Einzige deutsche Crew in den Top-Ten waren die Brüder Helge und Christian Sach, die mit ihren 66 und 64 Jahren den Masters-WM-Titel für den ausrichtenden Lübecker YC einfuhren.

Überwältigt vom eigenen Erfolg waren die Französinnen Manon Peyre/Clara-Sofia Stamminger de Moura, die mit dem WM-Gewinn den größten Erfolg ihrer jungen Karriere feierten: „Es ist unglaublich, wir können es noch gar nicht fassen. Wir sind heute morgen etwas nervös an den Start gegangen, und es war stressvolles Segeln mit dem Start, Abbruch und neuem Start. Es war ein Nervenspiel. Wir haben einfach versucht, unser Rennen zu segeln. Das hat gut geklappt“, so die erfolgreiche Steuerfrau Peyre, die Platz eins vor Illy Wureit/Yuval Barnoon (Israel) und Sofia Giunchiglia/Giulia Schio verteidigte. Mit Anna Barth/Emma Kohlhoff und Sophie Steinlein/Max Körner auf den Rängen sechs und sieben hat Deutschland gleich zwei Mannschaften in den Top-Ten.

Bei den Junioren der 49er-Klasse gelangen sogar zwei Wettfahrten zum WM-Abschluss. Die Jacks aus Australien verteidigten trotz der Platzierungen 11 und 7 die Spitzenposition, da auch die direkten Verfolger nur mittlere Ergebnisse eingefahren hatten. Somit ging Gold an Jack Ferguson/Jack Hildebrand vor Richard Schultheis/Youenn Bertin (Malta) und Marius Westerlind/Olle Aronsson (Schweden). „Wir sind wirklich glücklich. Die Jungs aus Malta haben uns einen harten Kampf geliefert. Für uns ist das ein starkes Start in unsere Kampagne, denn wir segeln erst seit drei Monaten zusammen“, berichtete Jack Ferguson. „Unsere nächste Station ist die WM der Elite in Den Haag in zwei Wochen. Vorher gönnen wir uns noch ein paar freie Tage, und dann geht es zum Training nach Belgien.“ Auf Platz fünf waren Valentin Müller/Moritz Fiebig als beste Deutsche dicht dran an den Podiumsplätzen.

Ohne Rennen blieben die Europameisterschaft der Olympiajollen und die WM der J/22, die am Sonnabend zu Ende gehen. Die J/22 hatten am Abend aber ihren Auftritt beim Volksbank Trave Race. Jean-Michel Lautier (Niederlande), der in der WM-Wertung klar führt, setzte sich auch im Showrennen durch und will die gewonnenen 300 Euro in einen bunten Abend für die ganze Klasse investieren.

Zumindest ein schmales Programm gab es für die Klassen Korsar und Kielzugvogel für die Ranglistenregatten. An den Spitzenpositionen änderte das aber nichts. Silja und Jonna Braun sind die Führenden bei den Korsaren, Michael Hotho/Marcus Hahn führen die Kielzugvögel an.

In der Segelbundesliga blieben die Mannschaften hartnäckig und kämpften um jedes Rennen. Doch am Abend musste in bleiern daliegender Ostsee der jeweils dritte Flight unterbrochen werden. In der 1. Liga hat der NRV aus Hamburg den Bug vorn, in der 2. Liga ist des der WYC Delecke.

Die Belohnung für ein anstrengendes Rennen durch die Nacht durften sich die Seesegler am Freitagnachmittag im Segler Village abholen. Am schnellsten hatte die Crew um Moritz Moltmann (Lübeck) auf der M34 „Dojo“ die 60 Seemeilen in einem großen Dreieck durch die Lübecker Bucht bis kurz vor Wismar bewältigt. Nach dem Start am Donnerstagabend in der Trave kehrte sie zwölf Stunden später im morgendlichen Regen nach Travemünde zurück. „Wir sind gut vorbereitet in die Nacht gegangen, wurden von der Organisation auf alles eingestimmt. Nachts hat es stark geregnet, es war nur wenig Wind und ungemütlich. Aber das gehört vielleicht zum Abenteuer einer Langstrecke dazu“, berichtete Moltmann. „Wir hatten eine gute Stimmung an Bord, sind mit einem spontanen Wachsystem gefahren, in dem jeder eine Pause nehmen konnte, wenn er sie brauchte. So hatte jeder mal zwei Stunden Schlaf.“ Am Ende feierte die „Dojo“-Crew nicht nur den inoffiziellen Titel als „first ship home“, sondern lag auch berechnet in der Gruppe der ORC-Yachten an der Spitze. Die Yardstick-Wertung gewann die „Traverna“ von Olav Arne Nehls (Lübeck). Für die Anwärter auf den Deutschen Meistertitel in der Wertung ORC Double Handed war das Langstrecken-Rennen der Auftakt in die vier Meisterschaftstage. Uwe Kleinvogel/Michael Haupt (Rostock) haben mit ihrer „Nemo“ durch den Langstrecken-Sieg die Führung übernommen.



Bildunterschriften (von oben):

Die Französinnen Manon Peyre/Clara-Sofia Stamminger de Moura freuten sich mit dem WM-Gewinn über den größten Erfolg ihrer Karriere. Foto: segel-bilder.de

Emil Järudd untermahn mit Rasmus Rosengren an der Vorschot einen sehr erfolgreichen Ausflug in die F18-Klasse und gewann souverän die WM. Foto: segel-bilder.de

Jack Ferguson/Jack Hildebrand sind erst seit drei Monaten zusammen auf dem 49er und segelten jetzt zum WM-Titel der 49er. Foto: segel-bilder.de

Gemeinsam mit Bernhard Rogge, Vorstand der Lübecker Volksbank, freuten sich die J/22-Segler über den Auftritt vor Publikum beim Trave Race und den Gewinn von 300 Euro Preisgeld. Foto: Stine Abratis
Nur die Eins fehlt der Farrington-Crew Mike Farrington ist ein Weltenbummler in Sachen Segeln. Für den 49-Jährigen ist es bereits seine elfte Teilnahme an einer Weltmeisterschaft der Klasse J/22. Die Platzierungen 6, 5, 4, 3 und 2 konnte er bislang verbuchen. Die Eins fehlt noch in der Liste. Auf der Jagd danach hat er zur Travemünder Woche eine lange Anreise in Kauf genommen, von den Cayman Islands in der Karibik bis an die Ostsee.
 Von der Karibik aus ist das Team vom Cayman Islands Sailing Club über London nach Hamburg geflogen und von dort mit einem Leihwagen weiter nach Travemünde gefahren, um hier ein Charterboot in Empfang zu nehmen. Es ist Farringtons dritter Besuch bei einer WM auf der Ostsee. 2019 segelte er in Warnemünde auf Rang sechs. 2015 wurde Farringtons Team Fünfter vor Travemünde.

„Es ist großartig, hier zu sein. Die Stimmung und das Miteinander unter den Seglern ist super, und die Organisation ist es auch. Deshalb kommen wir immer gerne hierher“, sagt der gebürtige Südafrikaner. Ein bisschen wärmer und sonniger wäre es natürlich noch schöner und würde sich mehr wie zu Hause anfühlen, so der 49-Jährige.

Geboren und aufgewachsen ist Farrington in Johannesburg/Südafrika, wo er auf einem See segeln gelernt hat. Mit 19 Jahren hat er begonnen, als Bootsbauer zu arbeiten und J/22 gebaut. „Einige der Boote hier in Travemünde sind von mir gebaut“, sagt Farrington, der seit mittlerweile 26 Jahren auf den Cayman Islands lebt und als Bootsbauer und Segelverkäufer arbeitet. In die Karibik hat es ihn einst durch die Nikolaus-Regatta auf Jamaika verschlagen. Besonders im Winter sei es durch die Trade Winds auf den Cayman Islands perfekt zum Segeln.

Gelernt hat er den Sport als Kind ganz klassisch im Opti. Später ist er in den Laser umgestiegen. Mit dem Soling folgte eine Olympia-Kampagne, bei der er jedoch die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Sydney knapp verfehlte. Inzwischen ist er fest in der Klasse J/22 verankert, bei der er heute Präsident der weltweiten Vereinigung ist. „Es ist eine wirklich sympathische Klasse mit einem tollen und fairen Miteinander unter den Seglern und Seglerinnen“, sagt Farrington begeistert. Die J/22 sei ein spannendes Boot – leicht zu segeln, aber schwer, um wirklich gut damit zu segeln.

Bei der Travemünder Woche wird in diesem Jahr die Jagd nach der Eins als Platzierung vermutlich nicht erfolgreich sein, da das Team durch eine Black Flag am zweiten Wettfahrttag eine Disqualifikation eingefahren hatte, die schwer aufholbar ist. Farrington sieht es pragmatisch: „Dann muss ich eben noch weiter bei Weltmeisterschaften segeln, bis irgendwann auch die Eins mit in der Liste meiner Platzierungen steht“, sagt er mit einem Lachen.
 
 
Bildunterschrift:

Sind aus der Karibik zur Weltmeisterschaft der J/22 nach Travemünde angereist: Mike Farrington, Karin McGrath und Joseph Paolone vom Cayman Islands Sailing Club. Foto: Katrin Heidemann
Travemünder Woche 21. – 30.07.2023, Formula 18, SWE 141, , Emil JÄRUDD, Rasmus ROSENGREN, Royal Swedish Yacht Club
Travemünder Woche 21. – 30.07.2023, 49erFX, FRA 702, Manon PEYRE, Clara-Sofia STAMMINGER de MOURA, CLUB NAUTIQUE LA PELLE
Travemünder Woche 21. – 30.07.2023, 49er, AUS 66, Jack FERGUSON, Jack HILDEBRAND, Royal Sydney Yacht Squadron _ Woollahra Sailing Club
Programm Travemünder Woche
Segelprogramm Samstag, 29. Juli

11:00 Uhr: Weltmeisterschaft J/22 (Tag 4/4)
11:00 Uhr: Europameisterschaft Olympiajolle (Tag 4/4)
11:00 Uhr: Int. Deutsche Meisterschaft Seesegeln Double Handed (Tag 3/4)
11:00 Uhr: Erste und Zweite Segel-Bundesliga (Tag 2/3)
11:00 Uhr: Ranglistenregatta Kielzugvogel (Tag 4/4)
11:00 Uhr: Ranglistenregatta Korsar (Tag 3/3)
11:00 Uhr: Mittelstrecken-Regatta Seesegeln (Tag 1/2)
ca. 17:00 Uhr: Trave Race: Khulula Opti




Festivalprogramm Samstag, 29. Juli

15:00 Uhr: Flamenco Tanz (Tanzpalast Fährplatz)
15:00 Uhr: Linny Johnson Band (König Pilsener Bühne)
16:00 Uhr: Westfalia Big Band (Festivalbühne Brügmanngarten)
16:00 Uhr: Immortal Onion | Jazz Prog Polish Trio (Beach Bay)
17:00 Uhr: Soulcraft (König Pilsener Bühne)
17:15 Uhr: planetbodo (DJ-Set) (Beach Bay)
18:00 Uhr: Murphy Smith & Band (Beach Bay)
19:00 Uhr: BayBand and guests (Beach Bay)
19:00 Uhr: Stardust mit Randolph Rose (Gipsy Village)
19:30 Uhr: Nervling (König Pilsener Bühne)
20:00 Uhr: Classical Beat – X-Arts Visual Party (Beach Bay Dome)
20:00 Uhr: Abba Fever (Festivalbühne Brügmanngarten)
21:00 Uhr: Illumination Passat (Travepromenade / Beach Bay)

Impressum
Travemünder Woche gGmbH
Am Leuchtenfeld 4
23570 Travemünde


Pressesprecher:
Ralf Abratis
Email: media@travemuender-woche.de