Herrmann nach gutem Start auf Kurs Karibik

Stürmische Biskaya-Winde fordern ersten Zoll im 123-Boote-Feld

 

123 Einhandsegler, darunter der Hamburger Boris Herrmann, sind am Sonntag (4. November) vor Saint-Malo in Frankreich zur 11. Route du Rhum gestartet. Der 37-jährige kam mit dem Open 60 „Malizia Yacht Club de Monaco“ sehr gut weg und lag gleich in der Spitzengruppe der IMOCA-Klasse. Ein technisches Problem im Masttopp warf ihn am Nachmittag allerdings auf Rang neun zurück. Nach der ersten Nacht auf See hatte Herrmann sich bereits wieder auf den fünften Rang vorgearbeitet. Bis zum Ziel des Regattaklassikers auf Guadeloupe in der Karibik liegen noch fast 3.300 Seemeilen und rund elf Tage vor ihm.

 

 

„Es ist stockdunkel und unter Land sehr böig“, schrieb Boris Herrmann abends von Bord, „ich habe wieder auf die kleinere Fock gewechselt, aber zeitweise hätte ich lieber mehr Fläche oben.“ Zu Beginn hatte die „Malizia“ zunächst sogar die „Charal“ mit dem Topfavoriten Jérémie Beyou im Kielwasser und war nach anderthalb Stunden hinter ihr und der führenden „PRB“ (Vincent Riou/beide Frankreich) als Dritter um eine Wendemarke gegangen, die von der Regattaleitung für zigtausende Zuschauer an Land vor die Küste gelegt worden war.

Beim Setzen des Gennakers dann löste sich eine Vorrichtung im Rigg nicht, mit der das Backstag zum Mast gezogen wird. „Das Schloss im Mast öffnete sich einfach nicht. Ich musste den Gennaker nochmal bergen, falls das Fall mit diesem Deflektor im Mast verklemmt war, und habe das erst nach langem Probieren mit Hin-und-herdrehen des Masts los bekommen. Das hat mich ungefähr zehn Seemeilen gekostet“, erklärte Herrmann das Missgeschick.

Unterdessen meldete einer der Besten in der Ultime-Klasse der Riesentrimarane, Sébastien Josse, in den frühen Morgenstunden, dass bei Windstärke sieben und viereinhalb Meter hohen Wellen in der Biskaya ein Stück vom Bug des rechten Rumpfs des Maxis „Edmond de Rothschild“ abgebrochen sei. Das passierte 135 Seemeilen nordwestlich der spanischen Hafenstadt La Coruna. Der französische Skipper blieb unversehrt und versucht trotz des erheblichen Schadens sicher zur Küste zu gelangen. Denn die äußeren Bedingungen sollen sich in den folgenden 36 Stunden mit der Front eines Tiefdruckgebiets weiter verschlechtern.

Von den schnellsten Mehrrumpfbooten hatte wenige Stunden nach dem Start bereits Armel Le Léac’h, ebenfalls aus Frankreich, mit seiner „Banque Populaire“ einen kurzen Hafenstopp noch in der Bretagne einlegen müssen, um Probleme mit der Energieversorgung an Bord beheben zu lassen. So führte sein Landsmann François Gabart mit der „Macif“ das Feld an. Bester IMOCA war am Montagvormittag (5. November) der Brite Alex Thomsen, der mit der „Hugo Boss“ als Einziger einen Kurs nördlich um ein gesperrtes Verkehrstrennungsgebiet herum gewählt hatte, 13 Seemeilen vor der „PRB“.

In der Morgendämmerung dümpelte die „Malizia“ bei Flaute und hoher Dünung auf der Suche nach frischem Wind. Nur 2,6 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit über drei Stunden zeugten von einer zähen Warterei. Das ging den meisten Konkurrenten jedoch ähnlich. „Bei solchen Bedingungen in einen guten Rhythmus zu kommen, ist besonders schwierig“, sagt Boris Herrmann, „aber die nächsten Tage bleiben voraussichtlich noch sehr unruhig.“ Das vorhergesagte Sturmtief dürfte alle Teilnehmer erwischen.

Die Solosegler müssen mit kurzen, oft nur 20 Minuten dauernden Schlafeinheiten auskommen. Auch jeder kraftraubende Segelwechsel will allein gut überlegt sein. Gefriergetrocknete Pasta mit Huhn aus der Tüte war das kleine Highlight am Sonntagabend auf der „Malizia“, auf der Entbehrungen anstehen. Für den geborenen Oldenburger ist es die erste Ozeanüberquerung in dieser Bootsklasse ohne ein einziges Crewmitglied.

Als Letzter sprang kurz vor dem Start der Gründer des Teams Malizia, Pierre Casiraghi, von Bord. Der Vizepräsident des Yacht Club de Monaco und Sohn von Prinzessin Caroline verabschiedete sich mit einem Rückwärtssalto in den Atlantik von seinem Segelfreund Boris Herrmann. „Ich unterstütze Boris insgesamt, auch mental, wo ich nur kann auf dem Weg zur Vendée Globe“, so Casiraghi. Denn 2020 will Herrmann als erster Deutscher bei der härtesten Einhandregatta nonstop um die Welt dabei sein.